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Newfoundland – Kiss the Codfish

Guten Morgen, heute geht es nach Neufundland!

Hä, ist doch auch ein Hund…

Neufundländer
Stimmt, ist ein Hund.

…UND wo ist das genau?

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Da ist’s.

Neufundland und Kanada

Dass Neufundland eine Provinz Kanadas ist, ist mir auch neu.

Lange her ist’s nicht, als sie noch eigenständig, aber halb-britisch waren.

1949 wurden sie ein Teil Kanadas. Zur Provinz gehört jedoch auch Labrador. Offizieller Name ist Newfoundland and Labrador. Wieder etwas gelernt.

Erstaunlich ist, dass auf einer Fläche von ein Drittel Deutschland (nur die Insel Neufundland) 500.000 Menschen gezählt werden. Und die Hälfte davon lebt in der Hauptstadt St. John’s und Umgebung. Sprich die Insel ist leer. Aber hübsch!

Unsere Route:

North Sydney – Port aux Basques – Stephenville – Corner Brook – Gros Morne – Bishops Falls – Gander – St. John’s – zurück nach North Sydney

03.10. – 04.11.2014

Route Newfoundland

Neufundland Fähre

Aber noch sind wir nicht dort – noch sind wir in North Sydney. Von hier aus legt die Fähre ab. Gleich fahrn’ wir 8 Stunden übern See.

Der Spaß kostet für 1 Auto und 2 Personen schlappe 200$ – mit Marine Atlantik.

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2h vorher heißt es Einreihen und warten.
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Jetzt geht’s rein in die gute Stube.

Schaun wir mal, ob wir heute schön entspannt etwas Schreiben und Zeichnen mögen.

Eingedeckt mit Gourmet Frühstück fahren wir an Board: Italienisches Brot, Philadelphia Frischkäse, Tomaten, Zwiebeln und Ungarische Salami! Hört sich nach einem Schmaus an. Mal etwas anderes als Bohnen, Linsen, Bratkartoffeln, Eier, Nudeln – unsere Standardgerichte.

Natürlich ist die Salami fake. Ungarische Salami in Kanada für 3$? Ganz sicher nicht.

Auf der Fähre stibitzen wir gleich mal Honig und Marmelade vom Restaurant. Und anschließend fragen wir frech nach heißem Wasser, um mitgebrachten Tee zu trinken. Klappt alles!

Da freut sich ein Sebastian.

Parallel startet der Spaß.

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Das Schiff beginnt bergauf und –ab zu fahren. Plötzlich hast du das Gefühl von deinem Sessel aus abzuheben. Ist das Schwerelosigkeit? Schwups klopft das Frühstück von unten an.

Das Restaurant befindet sich ganz vorn. Clever. Hier wackelt’s am Schlimmsten. Hat wieder einer mitgedacht. Ich flüchte! Mit Tee in der Hand begebe ich mich auf den Weg nach hinten. Ich hebe kurz ab und lande vor den Füßen des Kapitäns. Wo ist denn hier der ruhigste Ort, frage ich ihn. Das muss gleich dort sein, vergewissert er mir.

Mein Gott ist mir schlecht! Ich fletze mich in einen Sessel und hoffe, dass das Gefühl vorbeigeht. Um mich herum ist alles frei. Die Fähre scheint fast leer. Vor mir befinden sich drei monströse Bildschirme. Baseball, Kochshow, Science-Show. Hm kochen. Ok jetzt ist es soweit. Ich renne zur Toilette.

Mein Magen hält stand, doch habe ich das große Glück einer Frau neben mir zuzuhören, wie sie sich übergibt. Es ist die dicke Frau mit Kleinkind, die beim Frühstück neben uns saß. Frühstücken auf der Fähre ist also nicht die klügste Idee.

Den Rest der Fahrt penne ich durch. Schlafen beruhigt den Magen. Schlafen trickst das Gehirn. Es vergisst das Schaukeln.

Ich weiß jetzt schon, dass die Rückfahrt eine Nachtfahrt wird. Definitiv!

Hallo Neufundland – da bist du ja.

Entschuldige, aber ich kann mich noch nicht zu doll freuen, ich brauche erst deinen Boden unter meinen Füßen. Auf dem Meer ist nicht so meins. Eher im Meer – vielleicht sollte ich nächstes Mal schwimmen.

Es ist 18:00 Uhr. Schlafplatzsuche. Die Touri-Saison ist vorbei, daher sind alle Campingplätze geschlossen. Doch ein Fuchs flüstert uns zu, dass sie dennoch offen sind. Nur geschlossen, nicht verschlossen. Camping for free also.

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Zum Frühstück erst Mal Chips! Leider sind Maple Bacon Chips in Kanada echt lecker! Die Sucht, die Sucht.

Es ist Anfang Oktober und wir kriegen Sonnenschein geschenkt. Was für ein geiles Wetter heute!

Darauf erst mal nen Film schauen!

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Abwasch wie so oft im Fluss.

Auf geht’s zu einem kleinen Spaziergang am Morgen.

Der kleine Spaziergang wird unerwartet lang.

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Und länger.

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Es scheint kein Ende zu nehmen.

Wir wollten doch nur kurz ans Meer. Ursprünglich dachten wir schnell mal in Schlafanzug und mit Zahnbürste gewappnet loszuziehen, um uns kurz zu erfrischen. Mission völlig verfehlt. Langsam aber sicher stellten sich ungewöhnliche Verhaltensweisen ein.

Durch noch mehr Wandern, wurde es nicht besser, sondern schlimmer.

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Doch dann! Dann waren wir urplötzlich auf Usedom!

Wir nutzten den Strand um runterzukommen.

Bevor etwas in uns durchdrehte. Sorry.

Wir beschlossen, uns auf den Rückweg zu begeben.

Doch Annegret schaffte es leider nicht.

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RIP Annegret Braun

Im Afterlife trifft Sebastian erneut auf Annegret. Doch sie hat sich verändert.

Weiter geht’s nach Stephenville

Glücklicherweise haben wir schon Couchsurfer klar gemacht. In Stephenville die Erste. Auf geht’s.

Süße Straßenkunst.

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Hallo Stephenville, wir sind da. Ohje eins fehlt uns noch: die Adresse der Couchsurferin. Ups. Das ist nicht dämlich, das ist dumm!

Naja, was solls. Fragen wir kurz per SMS.

Kein Empfang. Und nun? Da ist McDonalds – Internet! Vielleicht antwortet sie ja schnell per Mail. Pustekuchen.

Ein McDonalds Mitarbeiter kann uns nicht aufmuntern: „Oh ja Rogers funktioniert hier in Neufundland nicht. Die haben hier keine Mäste. In St. Johns vielleicht, aber nicht hier an der Westküste.“

Gelernt: Alles vorher abklären! Denn es kann ja vorkommen, dass dein Handyanbieter in einer gesamten Provinz keinen Empfang anbietet.

Weiterfahren. Es ist dunkel. Wir kennen zwei Fakten von Neufundland.

„Der Wind ist der Killer.
Die haben ein Elch-Problem. Fahrt nicht im Dunkeln. Die haben massenhaft Elch-Unfälle!

Wir wollen jedoch nicht in der Stadt irgendwo campen. Das Gefühl kennen wir bereits. Und es war nicht schön.

Also auf in den Elchkampf. Wir fahren vorsichtige 50km/h auf dem Highway. Wir wollen nicht zu viel riskieren. Ein Schild muntert uns auf.

2013 - 660 Elchunfälle.

Nervenkitzel. Wir passieren einen Elchzaun. Der neuste Schrei aus Europa, den sie hier auch mal ausprobieren wollen. An die Naturbrücke, auf der die Tiere doch irgendwie auf die andere Seite kommen, haben sie noch nicht gedacht. Mal sehen, wann das hier ankommt.

Wir finden eine Schlafecke nicht weit vom Highway entfernt. Lagerfeuer, Nudeln, Tee. Gute Nacht.

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Corner Brook – you’re next

Herbst in Neufundland.

Wir sind auf Mission, sie lautet: „Die Suche nach dem See.“

Sie führt uns zu einer Sandstraße ins Nichts und zum Trinkwasser-Supply von Corner Brook, der zweitgrößten Stadt in Neufundland. Diese ist mit stolzen 20.000 Einwohnern recht bombastisch.

Was Neufundland nicht hat, sind Menschen.

Doch was es hat, sieht so aus:

In Corner Brook couchsurfen wir bei Leann Morgan. Wie es dazu gekommen ist? Tja diesmal haben wir vorher nach der Adresse gefragt.

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Begrüßt werden wir mit Sonntags-Turkey-Dinner und Alkohol. Wir können wählen: Neufundland Bier, Wein, selbstgebrautes Bier oder selbstgemachter Wein.

Leann hat ein großes neugebautes Haus, eine Diva-Katze namens Buffy und ist Ingenieurin auf einem Science-Schiff. Dort arbeitet sie 28 Tage an Board und hat anschließend einen Monat frei. Im Haus wohnen auch ihre Eltern, in einer abgetrennten Wohnung versteht sich. Irene und Elvis. Und Hund Sassy, ein kleines schafsähnliches dickes Wollkneul.

Uns wurde schon zuvor mitgeteilt, die „Newfy’s“ seien wirklich nette Leute. Jetzt dürfen wir es selbst erleben.

Diese Familie verwöhnt uns nach Strich und Faden.

Sie bekochen uns mit neufundländischen Spezialitäten und verbieten uns, eigenes Essen zu kaufen. Wir sollen das besser für unser Abenteuer aufsparen. Hier werden wir jetzt durchgefüttert! Oder besser gesagt fettgefüttert. Denn wir werden einer Nachspeise vorgestellt, die uns nicht mehr loslässt: Smores! Man nehme einen herkömmlichen Keks, belege ihn mit einem Stück Schokolade und packt einen Marshmallow oben drauf. Das ganze kommt für wenige Minuten in den Ofen und wird heiß und zerlaufend die Kehle hinunterfließen.

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So siehts aus. Smores mit Doppelkeks.

Doch nicht genug, auch werden wir zudem in Alkohol ertränkt. Wenn wir wollten, könnten wir jeden Abend besoffen sein. Meistens von selbstgemachten Wein mit ordentlich Prozenten. Schmeckt gar nicht schlecht.

Leann spricht oft ihre Verwunderung aus und bestätigt, dass ihre Eltern uns echt mögen müssen. So wie sie uns verwöhnen.

Abends auf der Couch. Little Dwarf Annegret.

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In Corner Brook finden wir eine Box für Elch-Gebisse. Auch schön.

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Und im Wald steht ein altes britisches Auto.

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Sebastian baut unseren Wood-Stove

Die Idee war längst geboren, nun geht es zur Tat.

Wir haben keine Lust mehr, ständig neu Gas zu kaufen für unseren Camping-Kocher. Wir wollen unabhängig sein und nutzen, was die Natur uns schenkt. Was gibt es da besseres als Holz in Kanada?

Ta Dah. Ab jetzt kochen wir mit Holz.

Cabin in the woods – Goose Arm

Elvis fragt uns, ob wir am Wochenende mit zur Cabin nach Goose Arm wollen. Ihre kleine Hütte im Wald am Wasser. Sie wollen auf Elchjagd gehen.

Logo sind wir dabei.

30km offroad Straße. Leann fährt. Mit dem Auto ihrer Mutter, es sei etwas höher als ihr eigenes. Aber es ist ein normales Auto, kein Pickup, kein Truck. Leann knallt über die Löcher und heizt die Straße entlang. So fahren hier übrigens alle. Wenn das Auto es nicht aushält, muss eben ein Neues her.

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Die Natur ist atemberaubend. Langsam aber sicher verstehen wir die Hinweise der Leute, die uns rieten nach Neufundland zu gehen. Es sei spektakulär.

Ich sage euch, sie hatten recht! Es ist überwältigend. Mancher Ausblick erinnert mich an Neuseeland. Definitiv gibt es Gemeinsamkeiten.

Kaum angekommen, nutzen wir den grandiosen Abend und erkunden die Gegend.

Die Morgan’s. Und dickes kleines Hund.

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Abends in der Hütte werde ich unterrichtet im Zubereiten von Rice Krispies. Man haut eine Packung Marshmallows in einen Topf, erhitzt es bis alles flüssig ist und streut Kornflakes (am Besten Rice Krispies) hinein. Kalt werden lassen oder gleich essen, je nachdem ob man Schweinerei mag oder nicht.

Kurz später geben Sebastian und ich unsere Künste am “Ugly-Stick” preis. Ein traditionelles Musikinstrument gebaut aus einem Besen, einem Gummistiefel sowie Bierflaschenverschlüssen, Metalldosen und anderweitig geräuscherzeugenden Gegenständen. In unserem Fall noch zusätzlich mit Puppenkopf. Gespielt wird mit einem Drum Stick. Es soll Leute geben, die tatsächlich organisierte Töne damit erzeugen können, doch aus uns beiden spielt gerade der Alkohol.

Moose Hunting in Goose Arm

Am nächsten Morgen heißt es vor der Sonne aufstehen. In der Dunkelheit steigen wir auf Quad und Truck. Lasset die Jagd beginnen! Die Knarre liegt angelehnt an mein Bein. Die Augen suchen nach dunklen Flecken in den Wäldern und Wiesen. Und langsam erhellt der Morgen.

Gejagt wird hier anders. Waffe auf dem Rücken und ab in den Wald? Denkste. Wir knallen mit dem Quad kleine Waldwege entlang und hoffen einem Elch zu begegnen. Die Tiere hätten sich an die lauten Motorengeräusche gewöhnt heißt es. Fraglich. Irgendwie muss es jedoch klappen, denn in Neufundland gibt es kaum einen, der nicht auf die Jagd geht.  Und noch weniger kommen ohne Beute nach Hause.

Von der Elchplage sehen wir nicht viel. Besser gesagt wir sehen nichts. Nicht nur ohne Beute kommen wir nach Hause, auch ohne überhaupt einen Elch gesehen zu haben. Oh lüge ich da? Gesehen haben wir das hier:

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Es gibt sie also doch! Schöner Moose-Schiss.

Doch echte Jäger lassen sich so etwas nicht bieten. Elvis geht mit Sebastian erneut in den Wald – sie stellen Hasenfallen auf.

Fressen und gefressen werden

Zurück im Haus in Corner Brook wird zubereitet, was gefangen wurde. Heute gibt es Hase. Was kommt, könnte einige verschrecken. Jedoch läuft es nun mal so ab. Die Neufundländer jagen nicht aus Spaß oder der Trophäen wegen. Sie jagen, damit sie etwas zu essen haben. Bis der Hase auf dem Teller landen kann, durchläuft er folgende Stationen:

Sassy ist schon ganz aufgeregt. Jedoch eher wegen ihrer Hundekekse.

Dann mal Guten Appetit!

Leann’s Meeresgrundsammlung. Die Wissenschaftler des Schiffes, auf dem sie als Ingenieurin arbeitet, entnehmen Proben vom Meeresgrund in 1500m Tiefe. Als Mitbringsel von See schickt Leann hin und wieder einen 0,5l Styropor Becher mit nach unten. Zurück kommen er gepresst im Miniformat. Auf jedem Becher hält sie die genauen Koordinaten fest. Schöne Kollektion.

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Annegret versunken.

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Tschüss Leann, Irene, Elvis und Sassy! You are awesome!

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Gros Morne National Park

Nach zwei Wochen bei Leann und ihrer Familie machen wir uns auf zum Gros Morne National Park – dem Wahrzeichen Neufundlands.

Auf dem Weg finden wir ein Skigebiet mit drei Liften.

Skigebiet Marble Mountain
Skigebiet Marble Mountain

Willkommen in Gros Morne.

Kurze Rast. Was genau soll uns dieses Schild sagen? Irgendwie zweideutig.

Lobster Cove Head Lighthouse

Wir finden ein hübsches Plätzchen kurz vor Western Brook Pond. Schnell ersichtlich sind Annegret’s Sprungbegabungen. Ich zitiere meinen Vater: “Sprungkraft wie ein Kühlschrank.”

Western Brook Pond

Wir finden abends eine überdachte halbe Hütte auf einem Rastplatz. Wände gibt es nur an 3 Seiten, doch es steht ein Kamin drin. Für uns gut, denn es beginnt zu regnen.

Als es regnet und windet, fällt uns auf, dass es schlichtweg eine weitere kanadische undurchdachte Sache ist. Wenn ich schon eine Hütte in den Nationalpark stelle, warum lass ich ne Wand weg? Wegen der Frischluft? Hat da einer vergessen, dass Neufundland das windreichste Land der Erde ist? Achso ich vergaß, dass Windenergie hier ineffektiv sei. So denkt die Regierung. Komisches Denken.

Was wir noch nicht wissen, dass eine der spektakulärsten Aussichten des Nationalparks der Western Brook Pond ist. Leider leider sehen wir diesen nicht. Erstens regnet es den ganzen Tag, zweitens legt sich ein dicker Nebelmantel über das Land und drittens wissen wir nicht, dass das hier ganz in der Nähe ist:

Western Brook Pond Fjord
Western Brook Pond Fjord

Stattdessen sehen wir das hier.

Baker’s Brook Falls

Am nächsten Tag hiken wir den 9km langen Trail entlang. Start ist am Berry Hill Campground. Bis zum Wasserfall schaffen wir es nicht, da es zu schnell dunkel wird und wir umkehren.

Schön dort zu wandern, oft auf Holzwegen, da rundherum sumpfiges Gebiet ist. Wir erreichen einen Aussichtspunkt, von dem die herumliegenden Berge aus dem übrigens Flachland herausstechen – einfach atemberaubend.

Unser Rückweg findet in der Dämmerung statt. Mit jedem Schritt entzieht sich die Sonne uns ein wenig mehr. Langsam können wir unseren Augen nicht mehr trauen. Vorstellung und Realität vermischen sich mehr und mehr. Geräusche wecken unsere Aufmerksamkeit. Steht da etwa ein Elch? Dort hinten, kannst du es sehen, den schwarzen Fleck? Ich glaube ich sehe ein Geweih! Und da, ist da nicht noch eins? Ein Weibchen.

Sicher sind wir uns nicht. Es sind ca. 100m zwischen uns und den starr stehenden schwarzen Punkten. Ich bin mir sicher, ich sehe das Geweih. Warum ist es nur so dunkel! Auf jeden Fall starren sie zurück. Sie haben uns bemerkt.

Wir gehen weiter. Wir haben Hunger, es ist fast dunkel. Der helle Holzweg leitet unseren Weg. Ringsherum sind dichte Bäume. Was wenn jetzt so ein Elch rausspringt? Lieber nicht dran denken und weitergehen.

Gros Morne Hike

Wir wollen einen 16km Hike machen, zum höchsten Punkt von Gros Morne. Die Nacht hatte es durchgeregnet. Gewappnet mit Regenkleidung wollen wir uns auf den Weg machen. Als es beginnt in Strömen zu schütten! Wir sitzen im Auto, schauen uns an und beschließen „lieber doch nicht.“

Was wir gerade noch nicht wissen, dieser Regen ist Vorbote eines Hurrikans!

Das wäre doch ein Spaß gewesen. Dem Himmel entnehmen wir eindeutig, dass ihm gerade nicht gut ist, er schaut düster drein. Wir verlassen Gros Morne.

Auf geht’s an die Ostküste

Obwohl vom Highway aus nicht viel Schönes zu finden ist, passieren wir Aussichten wie diese.

Generell ist es in Neufundland zu empfehlen, sich vorher zu überlegen, was man sehen möchte. Wenn man hofft, am Highway informative Schilder zu finden, hofft man vergebens. Lieber etwas Zeit darin investieren, mit den Einheimischen zu reden. Sie wissen besser als jedes Visitor Centre, was sehenswert ist und was nicht. Außerhalb der Saison sind diese Zentren sowieso geschlossen. Wir vermuten halb Neufundland ist außerhalb der Saison geschlossen. Irgendwie scheint hier vieles leer, zu oder unheimlich. Oder sind das Nachwirkungen der 90er Krise? Vielleicht.

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Wir übernachten in Bishop’s Falls im „Falls View Park“. Morgens entdecken wir neben uns keinen Wasserfall sondern ein Wasserwerk. Auch schön.

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Sebastian’s Lieblingsbeschäftigung.

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Halloween-Schmuck in Bishop’s Falls.

Wir fahren einen kleinen Schlenker in den Norden – Highway 340. Wir sehen viele reiche Häuser in der Gegend von Birchy Bay. Und finden eine alte Kirche mit Zipfelmütze. Erinnert uns an den sprechenden Hut aus Harry Potter. Hoch leben die außenliegenden Stromleitungen, die einfach jedes Bild ruinieren können.

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Noch weiter nördlich erreichen wir Port Albert – ein halbtotes Fischerdörfchen. Die Bewohner schauen uns verwundert und etwas eingeschüchtert entgegen, doch grüßen leicht lächelnd zurück.

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Auf dem Weg nach Gander.

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Couchsurfing in Gander

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In Gander haben wir Couchsurfing bei Jon Groten. Hubschrauber Pilot im Rettungsdienst. Er zeigt uns beindruckende Bilder, die er aus der Luft gefilmt hat. Da kann man schon neidisch werden.

Wenn du als Pilot in Neufundland in Rente gehst, kann dein letzter Arbeitstag so aussehen:

Du fliegst mit deinem Team und findest einen gigantischen Eisberg. In der Mitte des Eisberges findest du einen Pool – größer als ein 50m Schwimmbecken. Das sieht dann ungefähr so aus:

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Du wirst abgeseilt und schwimmst einige Minuten in diesem eiskalten frischen Wasser. Vom Helikopter wird alles gefilmt. Du gehst in Rente und hast ein Video in der Tasche, von dem dir niemand glaubt, dass die ganze Sache echt ist. Ich finds geil.

Nächste Station: Hauptstadt St. John’s

Wir sind an der Ostküste der Ostküste. Es regnet und regnet und regnet. Repeat.

Alternatives Couchsurfing

Wir erhaschen aller spontanstes Couchsurfing, bei einem Typen (Evan), der zur Zeit nicht einmal in Neufundland ist. Seine WG nimmt uns auf. Tolle offene interessierte junge Menschen, die uns gern die Tür aufmachen.

Das Haus ist mehr als abgewohnt, schimmlig und muffig, geheizt wird auch nicht. Wir dürfen das Zimmer von Evan bewohnen. Bettzeug dürfen wir uns suchen. Aus einer Art Kuschelecke ziehen wir müffelnde klamme Decken und Kopfkissen und beschließen doch wenigstens unsere eigenen Kissen aus dem Auto zu holen. Meine Hundenase ist zu gut, um eine ganze Nacht tief in dieses Kissen zu schnüffeln.

Dennoch sind wir dankbar, nach einem ganzen Tag Autofahren im Regen ein Dach über dem Kopf zu haben und von netten Menschen umgeben zu sein. Die Sache mit der Hygiene lassen wir mal ruhen.

Es ist Freitagabend und die WG ist voll. Es wird gekocht für Freunde, die mit Bier, Wein und Oliven vorbeikommen. Der Küchentisch ist voll mit Biokeksen und Bio-Riegeln. Mit voll meine ich voll. Berge von Schachteln! Ich frage was das alles sei. „We just went dumpster diving.“ Was bitte ist das? Na du weißt schon, in Müllcontainern…

Alles klar. In der Küche stehen ebenfalls mindestens 30 Packungen beste Bio Kornflakes. Alles max. 1 Monat abgelaufen, trotzdem noch mehr als genießbar. „Just help yourself.“

Wir kochen unser eigenes Abendbrot, doch dürfen auch später von ihrem noch mal mitessen. Bei uns gibt es Linsensuppe, bei ihnen Gemüsesuppe + Codfish (Kabeljau) + Reis + Salat. Lecker lecker sag ich nur.

Codfish und Neufundland

Codfish war mal das DING in Neufundland. Die Geschichte besagt, dass die Schiffe, die Neufundland entdeckten, wegen der Massen an Fisch im Wasser steckenblieben. Mit Körben schöpften sie die Fische aus dem Wasser. Sie beschlossen hier zu bleiben und waren reich an Fisch. Man aß Fisch immer und überall, getrocknet, gesalzen, gekocht…

Neufundland war ein Land der Fischer. Bis 1990 der große Einbruch kam. Man hatte das Meer leergefischt. Nichts war mehr da. Dann wurde verboten weiter zu fischen. ¼ der Bevölkerung verloren ihren Job und Neufundland fiel in eine große Existenzkrise. Ganz erholt hat sich das Land noch nicht, jedoch wird nun die Wirtschaft durch Tourismus und Öl angekurbelt.

Naja… hin und wieder scheint man Codfish zu kriegen. Und er schmeckt genial!

Apropro… was ist eigentlich mit “Kiss the codfish”?

Wer Neufundländer werden will, kann dafür ein Ritual durchlaufen – Screeching in. Dazu gehört spezielle Regenkleidung, ein gutes Gehör und Vorstellungsvermögen, denn man muss verstehen und wiederholen, was ein Newfie dir vorspricht. Und Newfies sind dafür bekannt, so schnell und undeutlich wie es nur geht zu sprechen. Verstehst du einen Newfie, kannst du englisch sprechen.

Dann wird ein Screech (Rum) getrunken und zu guter Letzt der Codfish auf den Mund geküsst. Voila. Dann bist du offiziell ein Newfie.

Sind wir eigentlich in UK oder was?

St. John’s ist die europäischste Stadt, die wir bisher in Kanada gesehen haben. Man kann es auch leicht mit Großbritannien verwechseln. Pubs über Pubs, bunte Häuser und Regen. Das Klima an der Ostküste ist recht mild. Nur selten werden hier harte Minusgrade erreicht. Meistens pendelt es sich um die 0°C ein, dafür gibt’s dann um so mehr Regen.

Tatsächlich waren die ersten Siedler hier irischer Herkunft und trugen ihre Kultur bis in die heutige Zeit hinein. Selbst der Accent klingt irisch. Hinzu kommt, dass viele Iren herziehen, weil sie es hier anscheinend genauso schön finden wie zu Hause.

Wir kreuzen einen Truck mit eigener Tankstelle. Haben nicht wenige hier.

Signal Hill

Wir haben das typische Wetter mit Nebel und Regen. Draußen sein macht nicht wirklich Spaß. Dennoch besteigen wir den glorreichen Signal Hill und sehen die Stadt von oben in Nebel gehüllt.

Signal Hill ist ein kleiner Berg, der durch ein noch kleineres Werbeschild aufgewertet werden soll:

Einst sei Signal Hill so hoch gewesen, es habe die Schweizer Alpen überragt.

Wow könnte man denken. Hier der Haken – mit „einst“ ist vor der letzten Eiszeit gemeint. Kein Scherz. Aus Scheiße Gold machen, das können sie hier. Eine Fähigkeit, deren Erlernen wir nicht abgeneigt sind.

Couchsurfing bei Jerry

Wir landen beim nächsten Couchsurfer – immer noch St. John’s. Wir landen bei Jerry. Ein reicher Mann, der in einem viktorianischen Haus wohnt, von Beruf Direktor des Kulturerbes Neufundlands. Sein Heim ist geschmückt von historisch wertvollen Gegenständen, die er aus aller Welt von Reisen und Arbeitsaufenthalten mitbringt.

Und Jerry ist nicht nur richtig cool, sondern auch ein Gastgeber, den man sich besser nicht wünschen könnte. Er kocht für uns Gerichte, für die du im Restaurant ein Vermögen ausgeben würdest. Beste Pasta mit selbst gemachtem Pesto plus Hummer und Shrimps. Als Nachtisch der beste Blueberry Pie, den wir je gegessen haben! Und natürlich ein Rotwein vom Feinsten. Himmlisch!

Am nächsten Tag ein indisches Chickencurry. Auch einfach wahnsinnig wohltuend.

Annegret’s Haare danken auch. Sie sitzen heute zufällig perfekt.

Wir reden Stunden mit Jerry über deutsche Kultur, über die DDR, über das heutige Denken in Deutschland. Er ist sehr interessiert und die intensiven Gespräche wecken unsere eigenen offenen Fragen und durchleuchten das, was wir glauben zu wissen. Seine Fragen werfen neue Fragen auf und es werden wunderbar tiefe Gespräche.

Sebastian und Jerry bei der Arbeit.

Vorbereitungen des Photoshoots “Alle streicheln Sebastian”.

Danke Jerry! Es ist wundervoll bei dir!

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Spaziergang am Hafen

Wir wandern an der Südseite des Hafens entlang. Von hier aus fangen wir tolle Blicke auf die bunte gegenüberliegende Stadt ein.

Cape Spear – der östlichste Punkt Nordamerikas

Ultimativer Osten. Hier steht der älteste Leuchtturm von Neufundland & Labrador – von 1835. Und ein Fort aus dem 2. Weltkrieg. Interessiert uns beides gerade wenig, denn es gießt wie aus Eimern. Der Wind darf jetzt bitte aufhören uns auszupeitschen.

Wer sich wundert – ja, ich trage Klammern. Warum? Damit meine Kapuze auf meinem Kopf standhält. Festgesteckt an der Mütze quasi.

Dieser Ort ist berühmt, um Wale zu erspähen. Heute leider nicht. Niemand will bei diesem Wetter raus gehen.

East-Coast-Trail

Nach einer Woche bei Jerry ziehen wir weiter, um mehr zu wandern.

St. John’s liegt nah am berühmten East-Coast-Trail, ein Wanderweg entlang der gesamten Ostküste Neufundlands – 265km.

Spout Path

Wir hiken einen Teil des Spout Path’s entlang, ein 17km Trail von Bay Bulls bis Goulds. Es ist für uns nicht möglich den gesamten Trail zu wandern, da wir ja hin und zurück müssten, um wieder am Auto anzukommen. Zudem sind wir gemütliche Wanderer und nehmen uns Zeit zu beobachten, was vor uns ist.

Der Weg führt teilweise nur zwei Meter am Abhang vorbei. Kein Zaun. Das treibt uns Kribbeln in den Bauch.

Wir kommen bis zum Leuchtturm, machen kurze Rast.

Ab geht’s zurück. Das Wetter ist wechselhaft. Regen und Sonne knobeln um den Sieg. Und ein Hobbit erklimmt den Gipfel.

La Manche Village Path

Ein weiterer Hike. Kurze 2km und zurück. Wir starten in Tors Cove und wandern Richtung Suspension Bridge.

Auf dem Weg finden wir Doctors Cove. Eine Steinküste so rau und unberührt wie Mutter Natur sie schuf.

Auf der anderen Seite der Suspension Bridge liegt das alte verlassene Dorf La Manche Village. Von dem ist jedoch nicht viel übrig außer einige Grundsteine der Häuser. Spektakulär jetzt nicht wirklich. Dafür umso schönere Natur ringsherum.

Weiteres Hiking wird unmöglich, da das Wetter gegen uns ist. Es regnet ununterbrochen. Wir streichen die restlich geplanten Wanderungen am East-Coast-Trail und fahren nach Bay Roberts.

Bay Roberts

Hier gibt es den Heritage Walk. Leider regnet es immer noch. Trotzdem schauen wir uns um.

Kurz mal Tee kochen – ist so kalt.

Neufundland – wir werden jetzt gehen

Unsere nächste Couchsurfing Möglichkeit wäre erst in 2,5 Tagen. Doch wissen wir bei diesem Wetter nicht, was wir bis dahin machen sollen. Wir beschließen zurückzufahren und uns von Neufundland zu verabschieden. Anscheinend ist es Zeit weiterzuziehen.

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Wir fahren bis zum Terra Nova National Park und entkommen dem Regen in einer weiteren halben Hütte, die uns Wärme schenkt, Trockenheit und es einfach macht, Essen zu kochen und warm zu halten. Hoch lebe der Kaminofen.

Am nächsten Tag kommen wir bis zum Ende der Insel und übernachten im gleichen Provincial Park wie am ersten Tag auf Neufundland – exakt einen Monat später. Der erste und letzte Tag am jeweils Dritten des Monats. Kein Zufall.

Abends dominiert der Wind und fegt über das Land. Wir fahren zum Strand und genießen die Monsterwellen. Sebastian lacht und springt wie ein kleiner Junge.

Heute Nacht fährt keine Fähre, bei diesen Wellen nicht fraglich. Wir nehmen die Fähre am nächsten Morgen. Ich werde in den 8h nicht einmal meinen Platz verlassen und versuchen viel zu schlafen. Das Risiko von Übelkeit gering halten!

Auf baldiges Wiedersehen Neufundland! Du hast uns gefallen, wir kommen sicher wieder!

Kartoffelkontrolle

Vor der Fähre wird unser Auto kontrolliert.

Haben sie Kartoffeln bei sich? Oder Möhren?

Alles was in neufundländischem Boden steckte, darf die Insel nicht verlassen. Das liegt daran, dass hier eine komische Kartoffelkrankheit hauste. Man wolle sicher gehen, dass sie sich nicht verbreitet.

Komisch nur, dass man hier auf Neufundland die Kartoffel ganz normal isst. Warnungen vor Kartoffelkrankheiten gibt es keine.

Aber vielleicht sehen wir ja bald so aus:

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David Lynch hat es gewusst!

Zurück nach Montreal – Ab an die Westküste

Von North Sydney aus beginnt unsere Reise zurück nach Montreal. Hier warten offizielle Dokumente auf uns. Wir durften ja die Adresse unseres ersten Couchsurfers Benoit verwenden für Auto-Versicherung, Bank usw. Jetzt besuchen wir ihn wieder. Wir freuen uns schon!

Von Montreal beginnt unser Winter-Roadtrip durch ganz Kanada – von Ost nach West. 6000km. Bald geht’s los!

 

Cape Breton Island – Your heart will never leave

27.09. – 03.10.2014

Unsere Route:

Port Hawesbury – Port Hood – Chéticamp – Pleasant Bay – Bay Saint Lawrence – Ingonish – Sydney – Louisbourg – North Sydney (500km)

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Die Gegend erinnert hier sehr an Schottland und die Musik im Radio bestätigt dies. Dudelsack. Hier wird neben Englisch auch Gaelic und Französisch gesprochen.

Bei manchen Leuten ist nicht jeder Willkommen.

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Wir besuchen den Friedhof an der Steilküste.

Und sammeln Eindrücke entlang der Straße.

Aussicht unseres heutigen Schlafplatzes.

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Auf Chéticamp Island wandern wir ein wenig. Wir entdecken Wind, eine steinige Steilküste, Monsterwellen und Robben.

Dass wir uns schon längst auf dem weltberühmten Cabot Trail befinden, wissen wir noch nicht. Erst als wir 15,40$ Eintritt für den Cape-Breton-Highlands-Nationalpark zahlen, sind wir uns sicher. Wir dachten, der Trail beginnt erst mit dem Nationalpark. Falsch gedacht.

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Sofort sind wir mittendrin und schauen atemberaubende Aussichten hinab.

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Kanada ist übrigens ein stolzes Völkchen.

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Die Blackfly fühlt sich hier leider auch wohl und begrüßt uns bei der ersten Rast mit der gesamten Artillerie. Also wieder irgendwo im Wind essen.

Eine Hiking-Karte gabs am Eingang des Nationalparks. Aus 26 Möglichkeiten können wir wählen. Dennoch vertrauen wir auf unser Bauchgefühl, denn wir mögen keine Karten studieren.

Oh eine Einfahrt – wollen wir gucken? Mh ja ok.

Wegweiser und Hinweisschilder zu Beginn des Hikes werden gekonnt übersehen. Es gibt eine Aussichtplattform, soviel wissen wir.

Da kommen zwei Leute, lass doch mal fragen wie weit es ist. „About two hours but we didn’t do the whole loop.“ Das ist ja ganz schön weit, na gut.

Der Hike führt anfangs durch einen Wunderwald. Es ist seit Tagen der schönste Sonnentag heute. Irgendwas scheint auf unserer Seite zu sein.

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Plötzlich kommen uns aufgeregte Leute entgegen. „There is moose just next to the trail. A big one. About a kilometer from here.“ Jetzt sind auch wir aufgeregt. Irgendwie laufen wir schneller. Wir wollen unseren ersten Elch sehen!

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Lange kommt nichts. Vielleicht schon weg? Eine Gruppe nähert sich uns. Beim Vorbeigehen sagt keiner etwas. Dann springt uns eine Frau entgegen. „Be careful, there is moose just around the corner!“

Was wissen wir über Elche? „Seid vorsichtig, wenn ihr auf Elche trefft, die Jagdsaison hat gerade begonnen, sie spüren das und verhalten sich komisch. Außerdem glauben sie, ihr wollt ihre Weibchen klauen, die Männchen sind momentan angriffslustig, geht nicht zu nah!“

Gleich um die Ecke also. Aufregung pur. Es mischen sich Angst, Vorfreude und das Gefühl etwas Verbotenes zu tun.

Da liegt es. Ein riesiges Männchen mit immensem Geweih. Drei Meter neben uns. Man ist das groß.

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Es sieht nicht wirklich gefährlich aus, es atmet schwer. Ist es krank? Ich will nicht zu viel wissen und auch nicht zu lange starren. Vielleicht springt es ja doch auf und rennt auf mich zu. Ein leibhaftig schönes stolzes Tier.

Wir gehen weiter. Nach 15 Metern treffen wir auf weitere Leute. „Wisst ihr, dort im Gebüsch ist noch eins. Eine Mutter mit Baby.“

Der Nervenkitzel beginnt von vorn. Ja tatsächlich. Dort sind sie. Gut versteckt und schwer zu sehen. Teile der Köpfe erspähen wir. Mehr nicht. Eine frischgebackene Elchmutter wollen wir nun wirklich nicht stören.

Endlich haben wir es zur Panorama-Aussicht geschafft. Wow! Nicht nur schön, auch noch windig.

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Der Rückweg in der Abendsonne.

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Die Nacht verbringen wir am Meer neben dem Hafen in Pleasant Bay.

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Sebastian ist mutig und nimmt trotz eisigen Orkanwindes sein Morgenbad. Ohne Handschuhe hätte ich gelbe Finger.

Waschfrau Sebastian
Waschfrau Sebastian

Wir stoppen bei einem Trail zum Wasserfall. Ein schöner Spaziergang zum munter werden. Zurück am Parkplatz. Was ist das denn eigentlich für eine Holzhütte? Gibt’s ja nicht. Hütte mit Kamin, Wasser, Strom, Bad. Offen und für jeden zugänglich. Eigentlich 3,90$ pro Nacht, aber kontrolliert doch sowieso keiner. Warum haben wir am Hafen gepennt? Dann wenigstens jetzt frühstücken und Strom nutzen.

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Der nächste Trail führt uns durch einen Wald voller Sugar Maple Trees (Zuckerahornbäume).

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Zurück auf der Straße. Annegret am Steuer. Elch rennt auf die Fahrbahn! Zuerst springt Mama aus dem Wald, dann folgen zwei Kleine. Mama schaut links und rechts und rennt los über die Straße. Die kleinen Elche folgen schnurstracks. Wir sind einige Meter entfernt und schauen aufgeregt die ganze Sache an. Foto leider vergeigt.

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Dann mal weiter.

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Wir fahren hoch an die Küste nach Bay Saint Lawrence. Raus aus dem Nationalpark und rein in die Armut. Von jetzt auf gleich schlechte Straßen. Am Ende ist es doch ganz hübsch.

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Und wir sehen endlich mal wieder einen Apfelbaum! Vitamine rauben.

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Nächster Halt: Leuchtturm. Alt, verlassen, wohl nicht mehr in Takt. Ist ja auch außerhalb des Parks. Hier investiert keiner. Trotzdem hübsche steinige Küste und ein Wind, vor dem man sich schützen sollte. So kalt!

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Unser letzter Stopp im Nationalpark: Steinstrand mit Wasserfall und beachtlicher Baumwurzel.

Tschüss Cape Breton Highlands National Park. Du bist schön.

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Wir übernachten im Wald am Meer. Lagerfeuer wärmt uns, doch Geräusche von Dingen, die wir nicht sehen können, verursachen Gänsehaut.

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Frühstück am Picknick-Park. Kein fliegendes Ungeziefer. Danke!

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Haferbrei…

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…mit Bananen, Nüssen, Ahornsirup UND Ananas, denn wir gönnen uns mal was.

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Hübsch ist es hier.

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Doch Handyempfang ist gleich null. Angefragte Couchsurfer können uns nicht antworten, ob sie uns aufnehmen können oder nicht. Plötzlich kommt doch eine SMS durch. Jemand gewährt uns Unterschlupf in Ingonish. Liegt schon hinter uns. Blöd gelaufen.

Egal. Hauptsache die Frisur sitzt.

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Weiter geht es in Richtung Sydney! Endlich wieder baden in Bondi Beach. Oh verwechselt. Leider hier nicht so schön wie in Australien.

Wir fahren weiter, es regnet vor sich hin. Sebastian träumt von Schokokuchen, singt bereits Lieder darüber.

Jetzt sind wir in Louisbourg, hier gibt es eine Festung. Da wollen wir schlafen. Mist ist eingezäunt. Hätte ja klappen können.

Folgen wir also diesem anderen Sandweg hier, er soll zu einem Picknick-Park führen. Wir passieren die noch offene Schranke, 18:00 Uhr schließen sie. Es ist 17:49Uhr. Sind wir halt eingesperrt über Nacht.

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Es nieselt vor sich hin. Nebel wird dichter. Wir fahren und fahren. Die Straße scheint endlos zu sein. Plötzlich bemerken wir ein weißes Auto hinter uns. Ein Offizieller? Wir fahren weiter. Nach 20min Schotterweg sind wir endlich da. Ein hübsches Strändchen mit Bänken, kein Regen-Unterschlupf. Das weiße Auto fährt an uns vorbei. Glück gehabt.

Wir wollen schauen, wo der Weg noch hinführt und folgen der Straße weiter. Das weiße Auto kommt uns entgegen, signalisiert uns anzuhalten. Ein junger Mann sitzt am Steuer. „Wir schließen jetzt gleich.“ Wir erklären ihm, dass wir einen Schlafplatz suchen, im besten Fall Regensicher. Er hat keine Idee, aber will drüber nachdenken und uns an der Schranke treffen. Bis dahin fällt ihm vielleicht etwas ein. Also fahren wir 20min Schotterweg im Schritttempo zurück. Unser 14-jähriges Auto wollen wir nicht überstrapazieren und fahren gemächlich über die metertiefen Löcher.

Jetzt wird’s auch langsam dunkel. Der Regen hat aufgehört. Nebel dominiert nun.

Da ist die Schranke. Der Typ hat leider keine Idee, weiß nur, dass es am Leuchtturm ganz hübsch ist. Das sollen wir versuchen. Es ist ohne Unterschlupf, jedoch habe er das Wetter gecheckt und meint, heute soll es nicht mehr regnen.

Wir erreichen den Leuchtturm und unser Satelliten-Telefon (was unser Auto alles hat!) fängt an Töne zu spucken. Hä? Das funktioniert doch nur, wenn wir dafür bezahlen? Was ist da los? Liegt das am Leuchtturm? Schnell weg. Nicht weit entfernt ist ein Parkplatz mit Bänken. Hier wollen wir endlich bleiben. Stockduster ist es. Wieder kommen diese komischen Töne! Wir drücken alle Knöpfe. Geh aus! Es passiert nichts. Es kann nicht das Telefon sein. Endlich geht uns ein Licht auf. Das Geräusch kommt von draußen. Der Leuchtturm macht Lärm und tutet vor sich hin. Maaan wir wollen doch nur irgendwo pennen. Weiter fahren. Wir haben keine Lust mehr in der Natur zu suchen. Wollen wir hier bei dem Haus fragen? Sieht ganz hübsch aus. Ja!

Ein kleiner Mann öffnet die Tür. Wir dürfen bleiben. Wir dürfen auch das Bad benutzen. „Oh und wenn ihr einen warmen Tee wollt, kommt herein!“ Na klar wollen wir. In der Küche dürfen wir Platz nehmen. „Habt ihr schon gegessen?“ Nein noch nicht. „Wollt ihr etwas hausgemachte Suppe?“ Nicken und grinsen, nicken und grinsen. „Ich bin übrigens Willie.“

Der Tisch wird immer voller. Deftige Suppe, Brot mit Butter, Tee, Cracker, Wasser. Haben wir ein Glück. Wir essen und essen und können uns kaum das Lachen verkneifen. Willie macht kein Halt, immer noch hantiert er neben uns, um mehr vorzubereiten. Dann packt er Brownies auf den Tisch. Wir können uns nicht mehr halten und lachen los. „You know what, Willie? The whole day Sebastian was dreaming about chocolate cake!“ Jetzt lacht auch Willie.

Werden Träume wahr?

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Wie wär’s mit Neufundland? Wenn wir schon mal hier sind! Warum nicht! Fähre gebucht. Übermorgen!

Von North Sydney legt die Fähre ab. Noch eine letzte Nacht bevor wir 8 Stunden nach Newfoundland schippern.

Eine schöne Nacht in einer schönen Gegend. North Sydney ist eine Pracht an sich, doch wir campen wo es am Schönsten ist. Umzingelt von Highway, Industriegebiet und gefühlter Mülldeponie. Wir stapfen über verbrannten Wiesenboden und zählen Plastikbehälter und enterbte Fernsehgeräte. Auch so was gibt es in Kanada.

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Schnell Essen machen und ab ins Bett. Es ist kalt und hässlich. Gute Nacht!

Unterwegs nach Cape Breton Island

25.09. + 26.09.2014

Unsere Route:

Chester – Halifax – Sheet Harbour – Antigonish – Cape Breton Island (370km)

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Wir sind wieder full-time Camper…

… und entdecken Häuser wie dieses.

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Wir haben Jesus gefunden.

Essen reduziert sich auf das Nötigste. Frische Forelle als Wegfutter. Kann man nicht meckern. Die Filetierkünste müssen her.

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Hätte ich bei meinem Bruder Max lernen können – habe ich leider nicht.

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Das Resultat schmeckt trotzdem!

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Man könnte gemütlich am Tisch sitzen und essen – einer der Gründe warum man an einem Picknick-Park Rast macht – wären da nicht blutrünstige Mosquitos, die auf dich niederstürzen, sobald du eine Sekunde still bist. Wir sitzen lieber im Windkanal auf kühlem Boden und zittern ein klein bisschen. Kaltes Essen ist besser als juckende Wunden.

Die Routine von Abwaschen und Trocknen. Immer wieder ein Augenschmaus.

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Merke: Am Besten am Wasser übernachten. Nicht nur gut zum Planschen, sondern auch wichtig zum Waschen, Abwaschen, Zähne putzen. UND weniger Ungeziefer dank Windenergie.

Fährt man über den Highway 7 nach Cape Breton Island, kommt man an einem kleinen verlassenen Fischerdörfchen namens Harbour Authority of Marie Joseph vorbei. Früher boomte es hier, jetzt ist alles tot. Alte verrostete Kähne schlummern hier im Brackwasser oder warten angeleint am Strommast auf die nächste Welle. Häuser stehen leer. Vereinzelt findet man tapfer kämpfende Lobster-Fischer, die bis heute durchgehalten haben.

Wir treffen auf einen Mitte fünfzig Jährigen, der gerade seinen Kahn neu streicht. Er muss Paul heißen oder Darryl. Sebastian möchte ein paar Bilder schießen, schnell kommt man ins Gespräch. Der Mann erzählt schnell und viel und scheint dankbar zu sein, auf einen Menschen zu treffen. Er berichtet von seiner Arbeit. Kurze zwei Monate nur sei hier die Lobster-Saison. Für ihn und seine Frau bedeutet das 60 Tage keinen Schlaf und durchackern, um für die restlichen 10 Monate genug zum Überleben zu haben. Natürlich reicht es nicht. Welfare müssen sie beständig in Anspruch nehmen. Wer würde da nicht wegziehen.

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Der tapfere Lobster-Fischer.

Einige Kilometer später. Wir haben es kurz vor die Insel geschafft. Das Auto parkt direkt am Meer. Ohne 4-Rad-Antrieb würden wir uns nicht hier her trauen.

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Heute findet unser erstes Lagerfeuer statt. Abends ist es deutlich kälter und wir gönnen unseren Körpern ein wenig Unterstützung.

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Was gibt es Schöneres als in der Dunkelheit dem Rauschen des Meeres zuzuhören, ins Feuer zu starren und die Sterne zu beobachten? Ich weiß es. Wenn du dazu Nudeln mit Tomatensoße und Tee aus selbstgepflückten Hagebutten im Bauch hast!

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Morgens wird gebadet. Wirkt besser als jeder Kaffee. Kalt wird dir nicht, denn du beginnst  anschließend automatisch zu hüpfen. Schweinehunde existieren beim Camping nicht.

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See you soon Chester – Abschied tut weh

Es war an der Zeit weiterzuziehen. Wie heißt es doch gleich? Aufhören wenn es am Schönsten ist? Vielleicht.

Abschied nehmen von Bob und Janice fiel schwer.

Zwei Leute kommen in dein Leben und bereichern es. Zuerst sind sie sehr gastfreundlich, lassen dich ihr Bad mitbenutzen, geben dir einen Bagel mit Himbeermarmelade und Tee und Kaffee, füttern dich quasi durch. Die Tage vergehen. Schnell wird es persönlicher, du lernst ihre Geschichte kennen, tauchst in die Familie ein. Du willst etwas zurückgeben, kochst vielleicht ein paar Mal für sie. Sie lassen dich Boot fahren, zeigen dir die Gegend, erzählen wie es hier einst war. Wie selbstverständlich gehst du morgens ins Haus und bereitest dein Frühstück vor, setzt dich neben sie und erzählst was dich bewegt. Du lachst mit ihnen, sie lachen mit dir. Nebenbei gaben sie dir bereits die Wohnungsschlüssel, damit du ins Haus kannst, wenn sie nicht da sind. Plötzlich merkst du, wie nah dir diese zwei Menschen gekommen sind. Du kennst dieses Gefühl. Du weißt nur nicht, wie es sein kann. Du bist doch hier auf großer Reise. Unterwegs, mal hier mal dort. Du möchtest wieder weiterziehen, mehr erleben, mehr sehen. Doch warum fällt es so schwer zu gehen? Warum rinnen diese Tränen über deine Wange? Warum kannst du den Gedanken nicht ertragen, diesen beiden wunderbaren Menschen morgen früh nicht mehr zu begegnen?

Weil es das Gefühl ist, zu Hause zu sein.

Und du brauchst dieses Gefühl. Doch ist es verloren, wenn du weiterziehst? Gibt es ein zu Hause auf Rädern? Wir möchten es herausfinden.

Danke Bob und Janice für eine so wunderbare Zeit! Wir werden euch nie vergessen! Ihr habt einen Platz in unseren Herzen – auf Ewigkeit.

Janice: "Family - we may not have it all together but together we have it all."
Janice: “Family – we may not have it all together but together we have it all.”

 

Bob: "A hundred years from now it won't matter."
Bob: “A hundred years from now it won’t matter.”

Graves Island

Bei Bob und Janice

Als es dunkel wurde, versuchten wir wie immer Camping-Gärten zu finden. Ein Wassergrundstück direkt neben Graves Island sah einfach wundervoll aus und wir trauten uns zu fragen.

Nun hatten wir unsere Goldgrube gefunden! Bei Bob und Janice  – er 82, sie ca. 76 Jahre alt – beide fit und lustig und einfach wundervoll.

KLICK:

 

Nach einer Nacht fand Bob’s 82er Geburtstag statt und die ganze Familie war da: 6 Kinder, 18 Enkelkinder und ca. 6 Urenkelkinder. Das nenn ich mal eine Großfamilie!

Wir sind nun seit 5 Wochen hier und werden mehr als verwöhnt. Wir fühlen uns, als gehörten wir zur Familie. Einfach mal Urlaub machen und das heiße Sommerwetter genießen, das nun doch mehr und mehr herbstlich wird.

Schlafen

Wir schlafen jede Nacht im Auto und langsam aber sicher wird es kalt und kälter. Heute morgen gab es den ersten Frost. Nachts sind es ca. 6° Celsius. Obwohl tagsüber noch locker über 20° erreicht wird. Vorgestern waren wir noch baden.

Sebastian hat hier unser Autobett gebaut! Bett + Schrank in einem. Seitdem müssen wir nicht mehr hin und her räumen, wenn wir schlafen wollen, sondern alles ist an Ort und Stelle und kann dort bleiben.

KLICK:

Wenn man nur auf gewisse Zeit campen geht, hält man auch schlafen auf Isomatten aus. Doch wenn diese Matten Nacht für Nacht deiner Erholung schaden, da es einfach unbequem ist, muss eine Entscheidung getroffen werden. Auf Dauer undenkbar. Kälte allein ist schon genug Herausforderung für den Körper. Daher war es an der Zeit eine Matratze zu besorgen. Auf nach Halifax!

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Auf dem Rückweg einem himmlischen Sonnenuntergang entgegengefahren.

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Und siehe da: Schlafen macht wieder Spaß! Ordentliche Kissen kauften wir auch.

Willkommen zurück im Traumland.

KLICK:

Das Haus

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Wir sollen uns wie zu Hause fühlen. So lautet der Auftrag. Es gibt nichts, was wir nicht dürfen. Manchmal fühle ich mich richtig schlecht, wie viel sie uns anbieten. Manchmal. Wir dürfen essen, was wir wollen. Natürlich kaufen wir selbst für uns ein, doch wenn etwas Leckeres unseren Weg kreuzt, sagen wir nicht oft nein. Irgendwann fing Janice an für uns mitzukochen und deckte wie selbstverständlich den Tisch auch für uns. Bei Wildbraten kann man nicht nein sagen. Immer häufiger kochten auch wir für sie mit, doch jedes Mal sagt Janice, das hätte doch nicht sein müssen.

Bob steht übrigens auf Chips.
Bob steht übrigens auf Chips.

 

Wenn wir abends länger aufbleiben wollen als die beiden, dürfen wir immer einen eigenen Schlüssel nehmen, um von außen abzuschließen, wenn wir dann ins Auto/Bett gehen.

Mit der Sicherheit sind die Kanadier eigen. Alles ist immer abgeschlossen, jeder hat Alarmanlagen. Bei der Kriminalitätsrate nicht verwunderlich. Jeden Tag gibt es mindestens einen Mord, kein Scherz. Alle erschießen sich gegenseitig.

Bob und Janice Rafuse

Bob – der Talker.

Er redet und redet und redet. Du brauchst nicht mal antworten, er redet weiter. Ein kleines „ah“, welches ihm zeigt, du hast Interesse am Gespräch (oder du willst nicht unhöflich sein) genügt, um ihn in Gang zu halten. Ob nebenbei der Fernseher läuft (laut, denn beide hören schlecht) oder andere Gespräche stattfinden, ist für ihn belanglos. Er erzählt. Seine Themen sind die Natur und seine frühere oder derzeitige Arbeit, wirklich nicht uninteressant, doch leider murmelt er sehr viel und spricht wirklich schnell. Anfangs verstand Sebastian vielleicht 5%, da hieß es dann nicken und lächeln. Jetzt wird’s langsam besser. Ich versteh nun fast alles, außer wenn er abdriftet, dann weiß er glaub ich selbst nicht, was er erzählt. Heute morgen setzte er sich beim Frühstück neben mich in einen Schaukelstuhl und begann zu erzählen. Da Geschirrspüler und TV an waren, verstand ich wenig und wollte noch weniger hören. Bob legte los und hörte nicht mehr auf. Keine Ahnung, um was es ging, ich hab nur gegessen. Doch plötzlich wurde es still. Ich dachte, vielleicht habe ich eine Frage nicht mitbekommen und er merkte, dass ich nicht zuhörte. Falsch. Bob hatte aufgehört zu erzählen, denn Bob war eingeschlafen. Kopf nach unten, Mund offen und ein leises Grunzen.

Bob – der Tierflüsterer.

Er hat wilde Enten gezähmt und redet (natürlich) mit ihnen. Möwen kennt er mit Namen und sie fressen ihm aus der Hand. Eichhörnchen bleiben auf der Veranda hocken, wenn er neue Körner in die Futterschale legt und fressen auch gleich aus seiner Hand, wenn sie es nicht abwarten können.

Bob – der Traditionelle.

Bei 6 Kindern hat er noch nie im Leben eine Windel gewechselt oder Wäsche gewaschen oder Essen gekocht oder im Haushalt geholfen. Bob’s Arbeiten finden draußen oder im Keller statt und verlangen Muskelarbeit. Garten in Schuss halten, Schnee schippen, Reparaturen, Fische angeln, Wild schießen und (früher) Geld nach Hause bringen.

Janice – die Mutter.

Sie zog 6 eigene Kinder groß und anschließend unzählige Pflegekinder – Kinder in Not, die vorübergehend ein anderes Zuhause brauchten. Zudem war sie 24 Jahre als Tagesmutter tätig. Wenn sie etwas liebt, dann sind es Kinder.

Janice – der Wirbelwind.

Sie ist zwar Ende 70, doch davon merkt man nichts. Sie hat immer etwas zu tun und gönnt sich keine Freizeit. Außer mal Brombeeren pflücken. Doch aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass dies keine Erholung ist. Dass sie den Haushalt schmeißt, ist eh klar. Sie ist freiwillig für 8 verschiedene Hilfsorganisationen tätig, z.B. Crime Stoppers. Gar nicht mehr so viele, denn sie habe schon etliche aufgegeben, da sie ja doch älter wird. Ihr Terminplaner ist voller als meiner je gewesen war. Sie geht Babysitten, hat Termine mit der Polizei, um dabei zu helfen die Kriminalität zu mindern, hilft Samstags beim Bingoabend aus, bietet den Opfern von Gewalt mentale Hilfe an, ist Ansprechpartner dort und da. Sie weiß über alles Bescheid. Manchmal zu viele Informationen – vor allem wenn sie davon berichtet, dass mal wieder in der Gegend eine Hockey-Tasche mit einer zerstückelten Leiche gefunden wurde. Da wollten die Untermieter keine Miete zahlen und entschlossen sich, die Vermieterin lieber abzumetzeln und im Wald zu verstecken.

Janice – die Talkerin.

Sie sagt über Bob, er sei der Talker, doch ist still und heimlich selbst einer. Sie erzählt gerne darüber, was ihre Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder so machen und wie es ihnen geht. Und sie liebt von ihren Organisationen zu erzählen. Manchmal jedoch zu viele negative Geschichten für mich. Janice liebt das Telefon. Sie telefoniert täglich mehr als ich in meinem ganzen Leben.

Die Gegend

Graves Island ist nach Janice’s Vater benannt. Die kleine Insel gehörte der Familie Graves, doch die Regierung wollte das schöne Fleckchen Land besitzen und kaufte für’n Appel und n Ei alles ab. Zwangsverkauf – was Kanada haben will, kriegt Kanada. Wenn dein Haus auf einer Goldgrube steht, dann musst du verkaufen, so lautet das Gesetz. Graves Island ist eine kleine Goldgrube, denn nun ist es ein Camping Resort geworden, welches man sich schöner nicht vorstellen kann. Es wachsen tonnenweise Brombeeren und Himbeeren dort. Dicke Campingbusse und die größten Trailer versammeln sich im Sommer dort.

KLICK:

Chester, die nächstgelegene Kleinstadt, ist eine hübsche reiche Hafenstadt bewohnt von mehreren amerikanischen Multimillionären. Die restlichen Bewohner gehören zur Familie Rafuse. Fast.

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Chester’s Hafen

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Essen

Bob und Janice essen nur selbstgeschossenes Fleisch und selbstgeangelten Fisch. Macht Sinn, denn im Supermarkt zahlt man ein Vermögen dafür, z.B. 10$ für 3 Hühnerbrüste. Doch nicht nur Fleisch und Fisch, auch Obst und Gemüse sind unverschämt teuer. Eine rote Paprika kostet 2,50$. Eine einzige. Man muss immer darauf achten, was im Angebot ist oder ob es reduzierte Ware für 50% gibt. Das Kaufverhalten wird so was von leicht gelenkt. Wer nicht viel Geld hat, muss sich anpassen und greift zu den Billigwaren. Leider ist alles, was dick macht relativ billig und landet bei jedem im Einkaufswagen. Kaufst du Obst und Gemüse zählst du sofort zu den Paradiesvögeln.

Wer kochen möchte, hat es schwer. Willkommen in der Service-Gesellschaft. Alles ist vorbereitet, vorgekocht, vorgesüßt. Leute kochen nicht, sie kaufen eingefrorene Fertigwaren. Oder Chips. Oder bestellen Pizza. Oder gehen zu McDonalds, Burger King oder Tim Hortons. So auch Bob und Janice. Kommt Besuch zu ihnen, wird Pizza bestellt. Seit 1977 bestellen sie beim gleichen Anbieter, der inzwischen Kultstatus hat. Wie viele andere, sind auch sie davon überzeugt, dass dies die beste Pizza weit und breit sei. Wir haben gekostet und ein eindeutiges Urteil gefällt: bäh! Einfach nur eklig. Die Kanadier wissen einfach nicht was echtes leckeres Essen ist. Ich habe einmal Nudeln mit Tomatensoße gemacht und Janice fand es lecker wie noch nie zuvor. Und unser Ofengemüse war der Renner schlechthin. Zum Kochen fehlt leider die Vielfalt, es gibt einfach nichts zu kaufen. Hat man Glück, gibt es das, was man benötigt, doch es ist nicht erschwinglich. Unser Vorhaben, uns viel von Obst und Gemüse zu ernähren, wird gerade in die Enge gedrängt.

Trinken

Die Leute kaufen alles was Zucker drin hat – Pop. Cola und Co lässt grüßen. Dann gibt’s noch Wasser und Tee und Kaffee. Sagte ich Tee? Ich meine schwarzen Tee. Punkt. Keine Früchtetees, keine Kräutertees, wenn man Glück hat, findet man überteuerten Grüntee. Also sammeln wir selber Tee. Scharfgarbe, Kamille und Hagebutte findet man fast überall. Bald leider nicht mehr, aber wir haben vorgesorgt und angefangen Tee zu trocknen.

 

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Angekommen! Endlich in Nova Scotia!

Die letzte Nacht verbrachten wir am Atlantik am Rande von Halifax.

Tag 12: zum Flughafen und nach Chester

Sachen packen und auf zum Flughafen. 16 Tage Kanada waren um und die Abreise meiner Mutti stand bevor. Sie ließ uns allerhand hier: Schlafsack, Isomatte, Kopfkissen, Schwedenbitter.

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Tschüss Mutti!

Bleiben nur noch Sebastian und ich. Erstmal bei Burger King kostenlos W-LAN genutzt und Couchsurfer der Gegend rausgesucht. Prompt was gefunden. Aber ein Stückchen entfernt. Schaffen wir morgen zu erreichen.

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Neue Provinz: New Brunswick.

Gedacht: hier endlich englisch sprechen.

Gelernt: diese Provinz ist zweisprachig.

Viele viele Akadien-Leute wohnen hier und sind mehr als stolz auf ihre französischen Wurzeln. Ganze Dörfer sind geschmückt mit akadischen Fahnen, Häuser sind bemalt mit deren Farben.

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Ein ganz normales Haus in Caraquet.

Bei Veronic waren wir höchstwillkommen. Ein sehr lieber Mensch, offen und bereist die Welt.

Endlich wieder Couchsurfing, endlich ein richtiges Bett.

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Tag 8: in Caraquet

Veronic erzählte uns, dass ihr Onkel Deutscher ist und lud uns prompt zu ihm ein. Frank lebt seit 40 Jahren in Kanada und hat noch den schwäbischen Akzent. Jetzt gerade sind sie hier in New Brunswick in der Heimat, um Familienurlaub zu machen. Im Sommer versammeln sie sich hier alle. Die Familie hat ein riesiges Grundstück am Meer mit großen und kleinen Häusern und umgebauten Campingwagen, damit alle Platz finden. Frank und seine Frau Patricia wohnen sonst in British Columbia auf Salt Spring Island. Sie boten uns an, den Januar in ihrem Haus zu wohnen, da sie einen Monat weg sind und sowieso jemanden brauchen, der aufs Haus aufpasst. Also werden wir planen Anfang Januar auf der anderen Seite Kanadas zu sein. Salt Spring Island soll ein Paradies sein.

Veronic ist Künstlerin. Da ich Portraits der Menschen male, bei denen wir wohnen, malte ich auch Veronic. Doch bei ihr war ich recht aufgeregt, weil mir gegenüber eine hervorragende Malerin saß. Prompt ist meine Zeichnung nicht ganz gelungen. Naja. Üben üben.

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Tag 9: bis Shediac: 260km

Wir landeten an einem Anlegeplatz der Fischerei und fragten dort Leute, die in ihrem Truck saßen, um Bier zu trinken (öffentliches Trinken verboten!), ob sie Fischer seien und ob es ok wäre, wenn wir hier campen. Sie waren keine Fischer, doch freundlich genug, um uns zu versichern, dass es 100% keinen störe, wenn wir hier campen. Beide hatten ungelogen 2,5 Promille intus und lustigerweise ein weißes Schoßhündchen dabei.

Tag 10: Shediac & Umgebung

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Schlafplatz neben der Fischerei.
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Sogar mit gemütlicher Sitzecke.

Am Morgen kam der Typ mit dem Hündchen vorbei und bot uns an, in seinem Haus zu schlafen, denn seiner Meinung nach, sei es hier nicht so schön und das könne er nicht weiter mit ansehen.

Als Ex-NHL-Spieler und Ex-Polizist hatte er mal gut Kohle verdient. Polizisten und Feuerwehrleute haben hier besonderen Status und verdienen Gehälter wie Politiker. Fast. Somit hatte Michel hier mehrere Häuser gekauft. Das eine durften wir komplett bewohnen. Dinge gibt’s.

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Dies hier war eine Hummer Gegend, also dachten wir, lass doch mal Hummer essen. Unser Freund Michel, Spitzname Mike, half uns das beste Plätzchen zu finden, um frisch gefangenen Hummer zu kriegen. Direkt vom Fischer. 7 Hummer für 30$. Mike hat sie uns zubereitet, da er sicher gehen wollte, dass es was wird. Lecker lecker.

Shediac, die Hummer Stadt mit dem größten Hummer weit und breit.

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Tag 11: bis Halifax: 260km

Wir kamen an Oxford vorbei, der Blueberry Stadt! Leider keine Stelle gefunden, um wild Blaubeeren zu pflücken. Wahrscheinlich alles irgendwo eingezäunt.

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Für gewisse gelblich gefärbte Highways zahlt man Maud. Glauben wir. Umgehen wir lieber. Viele Umgehungsstraßen gibt es nicht. Geendet sind wir auf einer offroad Sandstraße zwischen Feldern und Wäldern. Es gab einfach keine andere Straße. Ein Apfelbaum fing unsere Aufmerksamkeit. Äpfel sind immer gut, vor allem wenn Obst und Gemüse hier unbezahlbar sind. Und plötzlich waren wir im Paradies: Nicht nur Zentner von Äpfeln, sondern auch Blaubeeren so weit das Auge reicht! Ein ganzes Feld voll. Was haben wir gepflückt. Und genascht während dessen mindestens genausoviel! Irgendwann nervte die Blackfly und unsere Bäuche und Körbe waren voll.

Dann war Schluss. Später sahen wir weitere Felder mit dicken Schildern „Keep off. Blueberry field“ (Nicht betreten, Blaubeeren-Feld). Unser Feld hatte kein Schild. Wir haben keins gesehen. Hähä

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Am Tag nach den Masters-Weltmeisterschaften ging es los: 11 Tage Camping lagen vor uns, von Montréal nach Halifax. Von dort ging der Flieger für meine Mutter zurück nach Hause. Ich nenne es Speed-Camping, denn 2161km in 11 Tagen ist doch ein wenig verrückt.

Natürlich studierten wir die Karte und wussten wo wir lang wollten, doch die Distanzen wurden leicht unterschätzt. Man beachte, dass bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 100km/h auf den Highways alles ein wenig länger dauert. Da Highway langweilig ist und die schönen Seiten versteckt bleiben, fuhren wir viel lieber kleinere Straßen durch Dörfer und am Meer entlang. Somit benötigten wir für eine 400km Strecke auch schon mal 7-8h Autofahrt.

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Trucks sehen hier einfach geil aus.

 

Tag 1: Montréal bis Lac Delage: 300km

Ohne alles, Verstand inbegriffen, starteten wir in Richtung Québec City. Es hieß, jenseits von Montréal sei alles viel billiger, daher versuchten wir Füchse zu sparen und fuhren ohne Campingequipment los. In Québec gab es natürlich nur 10% von dem was es an Angebot in Montréal gab. Also erstmal nur das Notwendigste kaufen: Plastikgeschirr.

Die Schlafplatzsuche stellte sich als herausfordernd dar. Es gab keine Möglichkeit wild zu campen, denn dazu fehlte es an Straßen, die uns irgendwo hinführten. Es gab den Highway und von dort Straßen zu Dörfern mit Privatgrundstücken. Wir lernten, dass Kanadier mit Wassergrundstück sich gar nicht zu sehr freuen brauchen, denn in vielen Seen ist das Baden verboten, da sie als Trinkwasser genutzt werden. Ruderboote dürfen komischerweise drauf fahren.

Dreist wie wir sind, beschlossen wir Leute zu fragen, ob wir in ihren Gärten für eine Nacht campen dürfen.

Faustregel: Jeder Zweite sagt ja.

Erste Nacht – null Ahnung von Nichts. Es wurde auf einem Reiterhof genächtigt. Campingkocher hatten wir nicht, denn es gab keine passenden Gasflaschen für den Aufsatz, den wir mitgebracht hatten. Aber wir durften ein Feuer machen und unsere Töpfe ankokeln. Dosenfutter: Rote Bohnen mit Tomatensoße.

Terrornacht mit Mückenalarm. Kein Mückennetz und Mückenjagd vor dem Schlafen vergessen. Nachts zerstochen erwacht und 17 blutige Mücken erschlagen und 17 Blutflecken im Auto hinterlassen.

Morgens bekamen wir eine Belohnung: Kaffee und Kekse und eine Führung durch die Pferdeställe. Die Kanadier sind ein feines Völkchen.

Auf Bilder-Galerien, wie die Folgende, klicke man bitte, um die Bilder in voller Pracht zu sehen: KLICK!

Tag 2: bis Saint Fulgence: 210km

Wen wir noch nicht kannten: die Blackfly! Ein kleines schwarzes Biest, einer harmlosen Obstfliege sehr ähnlich, das dich heimlich beißt. Der Vampir unter den Fliegen. Du hörst sie nicht, denn sie summt nicht, aber du merkst den Moment, wenn sie fertig ist mit Bluttrinken. Und ihre Bisse werden dicke Beulen, die für mindestens 7 Tage deine Freunde sein werden und jucken wie Hölle. Mitgebrachter Schwedenbitter brachte Linderung, doch die Geheimwaffe heißt Muskol! Tötet alles was fliegt. Hatten wir zu dem Zeitpunkt leider noch nicht.

Der Garten indem wir nächtigten war nicht betretbar. 1 Sekunde stillstehen und du warst umzingelt. Wie leben die Leute dort? Wir schworen, von nun an immer in Meeresnähe zu schlafen, wo der Wind keinerlei Ungeziefer zulässt.

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Tag 3: bis Tadoussac: 110km

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Ein berühmter Ort um Wale zu beobachten. Ihr glaubt es nicht, doch wir haben einen Wal gesehen! Er stieß eine dicke Fontäne hinaus. Er war schwarz. Mehr wissen wir nicht. Und er war schnell wieder weg. Wir waren so aufgeregt als er da war. Ein wahres Wunder.

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Tag 4: bis Forestville: 97km + Fähre nach Rimouski

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Ein halber Regentag. Wir brauchten die Fähre, um mehr als 800km Autofahrt zu sparen. Gelernt haben wir, dass man besser reserviert, wenn man unbedingt mit will. Der Fährmann bat uns, die Seitenspiegel einzuklappen, da die Fähre die Größe einer Ölsardine habe. Gesagt getan und schon war der rechte Spiegel von Sebastians voreiliger Energie abgebrochen – wohl kein Klappspiegel. Jetzt ist er getaped. Hoch lebe Gaffer. Nun setzte sich der kleine Fährmann mit geballter Kraft für uns ein und siehe da: Wir kamen als Vorletzter auf die Fähre drauf, doch es war eine Zitterpartie. Die nächsten zwei Tage wäre die Fähre ausgebucht gewesen. Die Freude es geschafft zu haben, wandelte sich schnell um in 90min Konzentration und den Versuch, sich nicht zu übergeben.

In Rimouski schien die Sonne für uns, die Belohnung für unser Durchhalten.

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Tag 5: bis Gaspé: 400km

Ein kompletter Regentag. Der Terrortag. Wir fuhren den gesamten Tag Auto.

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Wir wollten dem Regen entkommen und hofften heute nette Leute zu treffen, die ein warmes trockenes Bett für uns hatten. Auf campen hatte keiner mehr Lust. Wir wurden zu einem „Accueil“ geleitet. Dort soll Reisenden geholfen werden, die wenig oder kein Geld mehr haben. Passen wir doch rein! Nach endloser Belehrung durch eine NUR französisch sprechende Frau, die zu dumm war zu merken, dass sie für sich selber redet und wir kein Wort verstehen, bekam meine Mutter tatsächlich kostenlos ein Zimmer mit einem Bett. Da wir alle halb verhungert waren, wollten wir diese trockene Gelegenheit nutzen, um Abendbrot zu kochen und legten auch gleich los…bis die olle Schrulle es sah, dass wir mit einem Campingkocher zu dritt in dem Zimmer saßen! Jetzt ging es rund. Sie legte los und gackerte uns voll. Nicht erlaubt, ok. Haben wir gecheckt. Schrulle holte Hilfe: eine Frau, die 3 Worte Englisch sprechen konnte. Immerhin. Sie ließ uns wissen, dass wir den Raum meiner Mutter nicht betreten dürfen. Er sei nur für eine Person. Und kochen im Zimmer geht schon mal gar nicht. Die geräumige Küche dürfen wir natürlich nicht nutzen, leider bloß bis 17 Uhr geöffnet. Gottseidank gibt es überall auf der Welt hirnlose Regeln. Gluck gluck. Bloß weg hier. Das war ja nicht auszuhalten. Wie Penner haben wir uns gefühlt. Tolle Hilfe für Reisende. Hab der Ollen eine geknallt und dann sind wir weg. Hätte ich gern.

Hunger hatten wir dennoch. Nebenan war ein Hotel mit einem Pavillon. Es regnete und regnete und windete nicht weniger. Wir glaubten, wenigsten dort ein wenig Unterschlupf zu finden und im Trocknen sitzen zu können. Leider nein. Durch den Pavillon regnete es durch und wir saßen mitten im Windkanal. Pasta haben wir dennoch hinbekommen. Kurz vor einem Zusammenbruch bin ich wenig später im Auto in meinen Koma-Schlaf gefallen. Gute Nacht!

Tag 6: bis New Richmond: 250km

Die Sonne kitzelte uns wach. Endlich! Endlich wieder Sonne.

8 Uhr holten wir meine Mutter ab und fuhren weiter. An diesem Morgen war ein netter Mann vor Ort, sie bekam Frühstück und wurde königlich behandelt. Er gab zu, die anderen beiden Schreckschrauben auch nicht zu verstehen.

Frühstücken und alle Sachen trocknen konnten wir hier.

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Wir gingen das erste Mal im Atlantik baden – schweinekalt – geschätzte 13 Grad, gefühlte Minusgrade, Füße und Kopf taten weh. Doch es war traumhaft. Robben schwammen in nächster Nähe. Und es gab Himbeeren.

Nächster Zwischenstopp war der Fels von Percé.

Wir fuhren weiter und fanden einen Schlafplatz bei einem Österreicher, der 1964 ausgewandert ist und hier sein Sommerhaus hat. Im Winter sind sie eh alle in Florida. Wir campten in seinem Garten direkt am Wasser. Er gab uns Elch köstlich zubereitet, sowie „Scheiterhaufen“ zum Nachtisch. Eine Flasche Wein teilte er ebenso mit uns und erfreute sich daran, endlich mal wieder deutsch sprechen zu können.

Tag 7: bis Caraquet: 270km

Am Morgen fanden wir einen Wasserfall zum Baden und Erfrischen und zum Wasser auffüllen. Besseres Wasser findest du nirgends! Aber kalt kalt kalt war es.

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Montréal – Welcome to Canada

Am 06.08.2014 sind wir in Montréal gelandet – Sebastian, meine Mutti und ich. Das Glück verfolgte uns, denn wir hatten den besten Start den wir uns hätten wünschen können. Der erste Couchsurfer der uns aufnahm war einer der nettesten Menschen überhaupt: Benoit. Er holte uns mitternachts vom Flughafen ab, chauffierte uns zum Einkaufen, fuhr mit uns in die Stadt, zeigte uns dies und das und half uns ein Auto zu besorgen. Montréal liegt im französisch sprechenden Teil Kanadas und somit war es tatsächlich schwierig sich zu verständigen. Benoit regelte Telefongespräche für uns und war beim Autokauf offizieller Übersetzer. Der Vertrag war nämlich in französisch. Auto kaufen ist die eine Sache, der weitaus schwierigere Part liegt darin, eine Versicherung abzuschließen und das Auto anzumelden. Denn als Reisender ohne festen Wohnsitz in Kanada geht schon mal gar nichts. Ein Glück hatten wir den Retter in der Not an unserer Seite. Benoit erlaubte uns, seine Adresse für all unsere Angelegenheiten zu verwenden. Tricksen muss man überall.

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Nach drei Tagen hatten wir also Handy-SIM-Karten, Bankkonten und waren Besitzer eines legendären Chevrolet Suburban 1500 LT!

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Meine Mutter startete in Montréal bei den Masters Weltmeisterschaften über 3km Schwimmen. Das Rennen fand in der Ruder-Regatta-Strecke von Olympia Montréal 1976 statt.

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Damals verpasste meine Mutter nur knapp die Qualifikation für die olympischen Spiele 1976. Jetzt – 38 Jahre später – konnte sie in Montréal an den Start gehen.

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Am Rand der Strecke begleiteten wir sie während des Rennens und feuerten kräftig an. Platz 12 gab es am Ende! Herzlichen Glückwunsch!

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